Gelebte deutsch-französische Verbundenheit auf Ebene der Infanterievereinigungen ist seit Jahren die Teilnahme des Bundes der Deutschen Infanterie e.V. (BDInf) an den Feierlichkeiten zu Ehren der französischen Infanterie und der Jägertruppe am 3. Wochenende im September in Paris. Eingerahmt in Darbietungen von Militärmusikkorps, Vorträgen und Ausstellungen erstrecken sich die Veranstaltungen über 2 Tage vorwiegend in Paris und im Stadtteil Vincennes. Höhepunkte sind der Gedenktag „Saint Maurice“ – Schutzpatron der französischen Infanterie, mit Kranzniederlegungen am Grab des unbekannten Soldaten unter dem Arc de Triomphe – sowie „SIDI-BRAHIM“,
Ehrentag der französischen Jägertruppe, mit großem Appell im Chateau de Vincennes.
Gedenkfeiern und Appelle anlässlich St. Maurice und SIDI-BRAHIM finden an allen Standorten der französischen Infanterie und Jägertruppe statt. An den Feierlichkeiten in Paris nehmen regelmäßig hochrangige Vertreter aus dem zivilen wie militärischen Bereich teil. Dieses Jahr führte der französische Général de Corps d’Armée Patrick Justel (4-Sterner) die Ehrungen aktiver Jäger und Ehemaliger im Rahmen eines beeindruckenden Appells zu SIDI-BRAHIM durch, begleitet von einer Reihe an weiteren Generalen. Die zivilen Gäste führte die Repräsentantin des Hauses Orlèans, die Prinzessin von Frankreich und Lichtenstein an (im Foto 2.v.l. mit der Delegation desBDInf). Die Kranzniederlegung zu Saint Maurice am Arc de Triomphe wurde durch den Kommandeur der 27ieme Brigade des Chasseurs Alpins durchgeführt.
Die Prinzessin von Frankreich und Lichtenstein mit Oberst d.R. Brade (re.), unser Fahnenträger Leutnant Steffen Große-Katthöfer und Oberst a.D. Siegfried Wolf. Neben Abordnungen der französischen Nationalen Vereinigung der Kameradschaften der Jägertruppen (FNAC*), der belgischen Ardennenjäger (FRCA*) und der italienischen Alpini (ANA*) nimmt an diesen Veranstaltungen regelmäßig auch eine Delegation des BDInf teil; auch dieses Jahr wieder durch Oberst d.R. Brade und Oberst a.D. Wolf, aktueller und vorheriger 2. Vizepräsident des BDInf, begleitet durch die Leutnante Steffen Große-Katthöfer (Leiter der Interessengemeinschaft Infanterie) und Tristan Spickenheier als Fahnenträger und Fahnenbegleitoffiziere, beide Studenten an
der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr in Hamburg.Die Prinzessin von Frankreich und Lichtenstein begrüßt unseren Fahnenträger, Leutnant Steffen Große-Katthöfer. Wie jedes Jahr wurden durch diese Organisationen in einer äußerst würdigen Zeremonie Blumengestecke am Grab des unbekannten Soldaten niedergelegt.
Ebenfalls bewegend war der feierliche Gottesdienst in der Sainte Chapelle des Schlosses von Vincennes zu Beginn von SIDI-BRAHIM. Unsere Fahne setzte dabei wieder – inmitten einer großen Zahl an Fagnons, die durch verdiente Veteranen der Jägerverbände getragen wurden – einen besonderen Akzent und wurde mehrfach, auch von Général Justel und der Prinzessin, lobend angesprochen.
Hier einige Hintergründe zum Ursprung der Gedenktage
Mauritius (frz. Maurice) wird in der römisch-katholischen Kirche seit dem 4. Jahrhundert als Heiliger verehrt. Sein Gedenktag ist der 22. September. Der ‚Heilige Mauritius’ wurde in vielen Staaten zum Schutzheiligen des Heeres, der Infanterie, der Messer- und Waffenschmiede und wurde vor Kämpfen, Gefechten und Schlachten angerufen. Er wurde im 3. Jahrhundert in Ägypten geboren und starb im Jahr 302 in Agaunum (heute St. Maurice/Schweiz). Mauritius war als Offizier der thebäischen Legion in der Schweiz eingesetzt, eines überwiegend aus Ägyptern bestehenden römischen Heeresteiles.
Viele Soldaten der Legion waren bereits Anhänger des christlichen Glaubens, als sie von Kaiser Diokletian den Befehl erhielten, die Christen in der Schweiz aufzuspüren undzu töten. Der Legende nach weigerten sich Mauritius und seine Kameraden, diesen Befehl auszuführen. Auch nach dem Befehl des römischen Nebenkaisers Maximian, jeden zehnten Soldaten der Legion zu töten, blieben sie bei ihrer Weigerung. Die Legionäre standen fest zu ihrem Glauben. So wurden nach und nach immer die Zehnten der Einheiten ermordet, bis am Ende die gesamte Legion dahin gemetzelt war. Die letzten Angehörige der Legion wurden bei Solothurn hingerichtet. Die früh einsetzende Verehrung der Soldaten um Mauritius lässt sich bis ins 4. Jh. nachweisen. Die Gebeine der Märtyrer wurden vom Bischof von Octodurum, dem späteren ‚Heiligen Theodorus’, aufgefunden. Ihm zu Ehren wurde in Agaunum im heutigen Wallis, dem später St. Maurice genannten Ort, ca. 380 eine Kirche und um 515 das Kloster Saint-Maurice erbaut. Im 13. Jahrhundert wurden die Reliquien in den Dom zu Magdeburg überführt, dessen einer Patron Mauritius ist. Eine weitere Reliquie befindet sich heute in Angers (Frankreich).
Seit 965 ist Mauritius auch in Urkunden als persönlicher Patron des Kaisers nachzuweisen; Papst Johannes XII. bestätigte die Verehrung des Mauritius als Schutzpatron der Ottonen. Der Heilige Mauritius galt später als Schutzpatron aller Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und schließlich des Reichs selbst. Im 15. Jahrhundert gründeten die Grafen von Savoyen den Ritterorden der Hl. Mauritius und Lazarus, der noch heute besteht.
Das Gefecht von SIDI-BRAHIM fand im damaligen Französisch-Algerien Ende September 1845 zwischen Berbertruppen unter Emir Abd al-Qadir und französischen Kräften unter LtCol de Montagnac statt. Die französischen Kräfte bestanden aus leichter Infanterie des 8. InfBtl und einer Schwadron des 2. HusarenRgt; insgesamt etwa 450 Mann. Die zusammengefassten Berberstämme zählten insgesamt um die 10.000 Kämpfer.
Ein erstes ungeplantes Aufeinandertreffen wurde aufgrund inkonsequenter und unzulänglicher Führung durch LtCol Montagnac zum Debakel für die Franzosen. Nur 82 der ursprünglich 450 Soldaten konnten sich in ein Marabout (größere Grabanlage) nahe dem Ort Sidi Brahim retten; dies waren überwiegend Jäger aus der leichten InfKp des 8. Btl. Abgeschnitten von den eigenen Truppen sowie ohne Nachschub waren sie nach mehrtägiger Belagerung ohne Wasser und Verpflegung; um weiter feuern zu können, halbierten sie ihre Gewehrkugeln. Es gelang jedoch, alle Angriffe der Berber abzuwehren. Es wird berichtet, dass Emir Abd al-Qadir den gefangenen Cpt Dutertre vor die Stellungen führen ließ, um seine Kameraden zur Aufgabe zu überreden. Er jedoch rief zum Kampf bis zum Tod auf und wurde daraufhin von Abd al-Qadir geköpft. Der Aufforderung an gefangene französische Trompeter, das Signal zum Rückzug zu blasen, kamen diese mit dem Signal zum Angriff nach. Nach weiteren Aufforderungen zur Aufgabe antwortete ihm ein chasseur in Anlehnung an Cambronnes berühmte Antwort bei Waterloo mit „merde“. Als den letzten etwa 80 Überlebenden die Munition endgültig ausging, führten sie einen mutigen letzten Bajonettangriff durch, mit dem Ziel, sich bis zu den eigenen Linien durchzuschlagen. 16 Soldaten erreichten schließlich die eigenen Kräfte, von denen jedoch fünf noch in den folgenden Tagen ihren schweren Verwundungen erlagen – unter ihnen war auch der Kdr LtCol Montagnac.
Die Gebeine der Gefallenen von SIDI-BRAHIM wurden später in Djemmaa Ghazaouet im ‚Tombeau des Braves’ beerdigt. 1965 wurden sie in das Schloß Vincennes nach Paris überführt und sind zentraler Teil des dortigen Museums der Jägertruppe und derGedenkstätte. Das 8. GebJgBtl führt noch heute den Ehrennamen „Bataillon von SIDI BRAHIM“ und trägt den Schriftzug in Fahne und Ärmelband. Unsere Delegation mit den frz. Freunden der FNAC. Hier mit dem Präsidenten der FNAC, Herrn René Watrin (3.v.l.). Die besondere Tapferkeit der Jägertruppe wurde sprichwörtlich in der französischen Armee; ‚faire SIDI-BRAHIM’ (etwa: „sich wie bei SIDI-BRAHIM verhalten“) gilt als Motto und Symbol der französischen Jägertruppe. Als belegtes Beispiel gilt eine auch von deutscher Seite bestätigte Episode aus dem 1. Weltkrieg. Das 7. GebJgBtl eroberte für einige Tage einen Pass und konnte alle deutschen Gegenangriffe abwehren, zuletzt mangels Munition mit Steinlawinen und Steinwürfen. Dies gilt als ihr „SIDI-BRAHIM“, sie erhielten daraufhin den Ehrennamen „schwarze Teufel“, angelehnt an ihre dunkelblauen Uniformen. Noch heute trägt das Bataillon diesen Ehrennamen, nunmehr „diables bleus“.




